Unternehmen

Baywa-Aktie: Baywa-Konzern beschließt Stellenabbau und schreibt 640 Millionen Euro Verlust

40 Prozent der Stellen in der Verwaltung fallen weg. Bei Baywa soll jetzt die Sanierung einsetzen. So werden 26 von insgesamt 400 Standorten des Agrarhändlers abgebaut. Die Baywa-Aktien legten allerdings nur kurzzeitig zu. Am Donnerstag wurde Einzelheiten zum Schuldenstand bekannt und drückten die Kurse weiter.
05.12.2024 14:46
Lesezeit: 3 min

Der zum Sanierungsfall gewordene Baywa-Konzern rutscht tief in die roten Zahlen: Der Nettoverlust des 101 Jahre alten Münchner Traditionsunternehmens summierte sich in den ersten neun Monaten des Jahres auf knapp 641 Millionen Euro, wie die Baywa mitteilte. Das war mehr als das Sechsfache des Verlusts im gesamten Jahr 2023. Das hohe Defizit war aber nicht allein auf schlechte Geschäfte zurückzuführen, sondern auch auf Abschreibungen im ersten Halbjahr. Eine Ergebnisprognose für dieses Jahr gab der Vorstand nicht ab. Die Sanierung werde noch Jahre dauern, erklärte das Unternehmen.

Stellenabbau soll zur Sanierung beitragen

Der in einer tiefen Krise steckende Münchner Mischkonzern Baywa will im Zuge seiner Sanierung 1300 Stellen abbauen. Das soll hauptsächlich die zentrale Verwaltung treffen, die damit rund 40 Prozent ihrer Stellen verlieren soll, wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte. Von den gut 400 Standorten sollen 26 geschlossen, das Auslandsgeschäft durch Verkäufe internationaler Beteiligungen geschrumpft werden. Das Sparprogramm hat die Unternehmensberatung Roland Berger ausgearbeitet.

Baywa-Aktie volatil, Analysten dennoch positiv

An der Börse ist die Meldung zum Stellenabbau zunächst gut angekommen. Der Wert der Baywa-Aktie kletterte am Mittwochvormittag leicht nach oben, rutschte am Nachmittag dann aber ab und zeitweise über 0,5 Prozent ins Minus. Von ihren einstigen Höchstständen bei annähernd 50 Euro ist die Baywa-Aktie selbstverständlich meilenweit entfernt. Allein seit Mitte 2024 büßte das Papier des Agrarhändlers mehr als 60 Prozent an Wert ein.

Baywa ist unter anderem der größte deutsche Agrarhändler, der Konzern spielt eine bedeutende Rolle für Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung im Süden und Osten Deutschlands. Von den 8.000 Vollzeitstellen in der Muttergesellschaft Baywa AG sollen 6.700 erhalten bleiben. Rechnerisch bedeutet dies, dass das Unternehmen über 16 Prozent seiner Belegschaft abbauen will. Die Gespräche mit dem Gesamtbetriebsrat haben laut Unternehmen begonnen, der Vorstand hofft auf eine Einigung bis Ende März 2025. Auf dem Konzern lasten Schulden in Milliardenhöhe, Erblast einer rapiden Expansion auf Pump im vergangenen Jahrzehnt.

Die Baader Bank gibt für die Baywa-Aktie ein Kursziel von 16 Euro aus, die Einstufung lautet "Add". Ein zweiter Entwurf eines Restrukturierungsberichts bestätige die Möglichkeit eines Konzernumbaus, schrieb Analyst Rene Rückert am 2. Dezember, also vor Bekanntwerden des Baywa-Stellenabbaus. Der Konzernumbau beinhalte zahlreiche notwendige Maßnahmen inklusive einer Kapitalerhöhung im Jahr 2025.

Im Verlauf der vergangenen 12 Monate hat die Baywa-Aktie drei Viertel ihres Werts verloren, Und auch am Donnerstag ging es an der Börse weiter nach unten. Anleger haben mit BayWa-Aktien seit 2014 insgesamt 70,4 Prozent des eingesetzten Kapitals verlore.. Damit beläuft sich der Kursverlust auf 11,4 Prozent. 10.000 Euro eingesetztes Kapital wären damit auf 2.965 Euro zusammen geschrumpft. Momentan ist die Lage als volatil einzustufen.

Einen Vorstandsvorsitzenden hat die Baywa derzeit nicht: Ende Oktober verließ der bisherige Konzernchef Marcus Pöllinger nach nur eineinhalb Jahren an der Spitze das Unternehmen vorzeitig.

Die aus der Genossenschaftsbewegung hervorgegangene Baywa ist der größte deutsche Agrarhändler und für Landwirtschaft und Lebensmittelversorgung vor allem im Süden und Osten Deutschlands von Bedeutung. Weitere Geschäftsfelder sind erneuerbare Energien und Bau. Die Baywa-Führungsetage geht nach wie vor davon aus, dass eine „nachhaltige Sanierung“ möglich ist. Zieldatum für die Gesundung des Konzerns ist das Jahr 2027, wie der Quartalsmitteilung zu entnehmen. Hauptaktionäre sind die Beteiligungsgesellschaften der Volks- und Raiffeisenbanken in Bayern und Österreich.

Eigentümer geben Hilfskredite

Der Umsatz sank von Anfang Januar bis Ende September um knapp 12 Prozent auf 16 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) brach in dem Zeitraum von plus 215 Millionen im Vorjahreszeitraum auf minus 78 Millionen Euro ein, laut Baywa hauptsächlich verursacht durch hohe Einbußen im Geschäft mit erneuerbaren Energien. Letzteres wird geführt von der ebenfalls in stürmische See geratenen Tochter Baywa r.e., an der neben dem Münchner Mutterkonzern die Schweizer Investmentgesellschaft Energy Infrastructure Partners beteiligt ist. Die zwei Hauptaktionäre und das Schweizer Unternehmen haben die Baywa zum Stichtag 30. September mit Darlehen von 157 Millionen Euro gestützt.

Hoffnung auf bessere Zahlen im letzten Quartal

Grundlage der Sanierung des Baywa-Konzerns soll ein Gutachten werden, dessen endgültige Fassung im Dezember vorliegen soll. Bereits bekannt ist, dass die Gutachter umfangreiche Sparmaßnahmen aus und Verkäufe einzelner Geschäftsbereiche empfehlen werden. Für das Schlussquartal erwartet der Baywa-Vorstand um den von der Unternehmensberatung Alix Partners geholten Sanierer Michael Baur bereits „mehr Stabilität“ in den einzelnen Geschäftsfeldern, wie es in der Quartalsmitteilung hieß.

Zwei schlechte Nachrichten in einer Woche

Das Unternehmen ächzt unter Schulden in Milliardenhöhe, zum Großteil die Erblast einer auf Kredit finanzierten rapiden Expansion in der Amtszeit des 2023 verabschiedeten früheren Vorstandschefs Klaus Josef Lutz. Die sehr hohen Verluste in den ersten neun Monaten sind die zweite schlechte Nachricht in dieser Woche: Erst am Montag hatte die Finanzaufsicht Bafin publik gemacht, dass sie den Jahresüberschluss 2023 überprüft, weil das Unternehmen möglicherweise seine finanziellen Risiken schönte.

Sanierungsgutachten verunsichert Baywa-Kundschaft

Verschärft wird die Baywa-Krise durch die schwache Weltkonjunktur. In den ersten neun Monaten liefen sowohl das Agrargeschäft als auch die erneuerbaren Energien großenteils schlecht, Zuwächse gab es lediglich im Obst- und Gemüsehandel sowie beim Verkauf von Landmaschinen. Und nicht zuletzt hat die Sanierung als solche zunächst die Probleme vergrößert. Demnach führte allein die Ankündigung des Sanierungsgutachtens im Sommer zu Unsicherheiten bei Kunden und Lieferanten. Das trug wiederum zu den Umsatzrückgängen bei.

 

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